Liedertafel Ludwigsburg 1838 e.V.
Fest verankert in der Stadtgeschichte Ludwigsburgs
Die Liedertafel gehört zu den ältesten Vereinen Ludwigsburgs und ist auch eine der ältesten Chorvereinigungen im Lande. Seit 1838 trägt die Liedertafel aktiv zum Kulturleben der Stadt bei und prägte das Bild Ludwigsburgs bis weit über die Stadt hinaus. Spektakuläre Auftritte im In- und Ausland zu Zeiten unseres Chordirektors Gotthif Fischer sind bis heute im Stadtgedächtnis fest verankert.
Die vielen Jahrzehnte Vereinsgeschichte sind nicht durchgängig dokumentiert, manche Chor-Gala möglicherweise in Vergessenheit geraten. Umso wichtiger ist es, Geschichte lebendig werden zu lassen und auch digital einem größeren Kreis zugänglich zu machen. Wir machen hier einen Anfang mit der Chronik der Liedertafel Ludwigsburg.
Wie alles begann
1838 als Liederkranz
1838
Liederkranz Ludwigsburg
Anfang 1800 entstand als geistige Blüte deutschen Volkstums der gesellige Männergesang. → Carl Friedrich Zelter gründete 1809 die Berliner Liedertafel, der schon bald viele solcher Vereinigungen in ganz Deutschland folgten.
Im Ludwigsburger Wochenblatt vom 12.7.1838 stand folgender Aufruf: ‑„Heute präzis 8 Uhr Zusammenkunft des neuzugründenden Liederkranzes”.
Am 6. Oktober 1838 ruft eine weitere Anzeige die männlichen und weiblichen Mitglieder des Liederkranzes zu einer Versammlung und schon geübte Sänger zum Beitritt auf. Regelmäßige Versammlungen wurden monatlich vom Liederkranz einberufen.
Der neugegründete Liederkranz mit etwa 100 Sängerinnen und Sängern entwickelte schon 1838 rege Tätigkeit unter Lehrer Gentner und Kapellmeister Nikolaus Stössel. Bereits 1839 am Erscheinungsfest konnte eine von Stössel komponierte Kantate in der Stadtkirche aufgeführt werden.
1839 - 41
Frauenzimmer-Liederkranz
1839 Bald trat auch ein "Frauenzimmer-Liederkranz" ins Leben. Es wurden wöchentlich zwei Singstunden abgehalten. Die Schulung der neu Eingetretenen erfolgte in besonderen Unterrichtsstunden.
1840 Drei Tanzunterhaltungen im Januar, eine vierte im Februar, sorgten für gesellige Unterhaltung. Am 24. März fand die erste Generalversammlung statt.
1841 Auch in diesem Jahr herrschte eine rege Vereinstätigkeit. Der Geselligkeit dienten Monatsversammlungen, Gartenfeste, Tanzkränzchen. Im Dezember erfolgte die Aufführung einer Kantate in der Stadtkirche.
Große Vorbereitungen erforderte das am Pfingstmontag abgehaltene Liederfest, für damalige Verhältnisse ein ungewöhnliches musikalisches Ereignis. Etwa 60 Liederkränze mit mehr als 1.400 Sängern aus nah und fern nahmen daran teil.
Ein Konzert im Schloßtheater und ein Vokal-Instrumentalkonzert am Vorabend leiteten das Fest ein. Eine große Gesangsdarbietung am Pfingstmontag in der Stadtkirche war der Höhepunkt; nachmittags sangen sämtliche Liederkränze auf dem Salon. Eine von den Frauen des Liederkranzes gestiftete Festfahne wurde dem Chor unter dem Portal der Stadtkirche übergeben. Das dazu überreichte seidene Band trägt die Aufschrift:
Die Frauen von Ludwigsburg an den Liederkranz
28. Mai 1841
1842 - 1862
Auf und Ab
1842 Das rasche Emporblühen des Liederkranzes war im wesentlichen das Verdienst des begabten Chormeisters Gentner. Im April wurde die Frühlingskantate von →Johann Georg Frech aufgeführt; beim Gesangsfest in Esslingen beteiligte sich der Chor beim „Halleluja" aus dem Messias von Händel.
Im September traf den Liederkranz ein schwerer Schlag, von dem er sich lange Zeit nicht mehr erholte. Der Begründer und hervorragende Gesangsmeister, Lehrer Gentner, wurde von hier abberufen. Der Abschied im Waldhorn war so überwältigend und zahlreich besucht, das nur besonders Eingeladene Platz fanden. Die Stelle des Chorleiters übernahm Schullehrer Zoller.
1849 Auch in diesem Jahr sind einige Tanzvergnügungen, Gartenfeste und Versammlungen das einzige, was noch geboten werden konnte. Zu erwähnen ist die Gründung des →Schwäbischen Sängerbundes, dem der Liederkranz beitrat.
1850- 1855 Unter Mitwirkung des Liederkranzes veranstaltete der Kirchengesangverein Kirchenkonzerte und verschiedene musikalische Unterhaltungen.
1856 Am Pfingstmontag beteiligte sich der Liederkranz gemeinschaftlich mit dem Männergesangverein Ludwigsburg beim Wettsingen anläßlich des Schwäbischen Sängerfestes in Ludwigsburg im Schloßhof.
1857-1862 In diesen Jahren ist vom Liederkranz nichts Bedeutendes zu berichten. Die ungünstigen Zeitverhältnisse ließen die Mitgliederzahl erheblich zurückgehen. Der Verein wäre wohl ganz aufgelöst worden, wenn nicht die 1862 neu gegründete Gesellschaft „Eintracht" sich mit den noch übrig gebliebenen Mitgliedern des Liederkranzes vereinigt und dessen Namen übernommen hätte.
1863-1908
Liederkranz formiert sich neu
1863 Am 29. Januar ist im Ludwigsburger Wochenblatt folgende Anzeige zu lesen:
„Liederkranz (vormals Eintracht) heute Mittwoch, präzis 8½ Uhr Singstunde im Lokal" (Brauerei Holländer).
Mit Feuereifer wurde zweimal in der Woche geübt; monatlich zahlte man erst 6, dann 12 Kreuzer. Fehlende wurden mit 3 Kreuzer, Zuspätkommende (die gab es damals auch schon) mit 2 Kreuzern "bestraft".
1864-1874 Vorstände und Chormeister wechselten oft. Ein Zeichen, daß nicht alles nach Wunsch lief. Die Wahlen wurden halbjährlich vorgenommen. 1865 betrug die Mitgliederzahl 44. In den nächsten Jahren ruhte die Vereinstätigkeit fast ganz. Erst nach dem Kriege 1870/71 begann sich der Liederkranz wieder zu formieren.
Die noch vorhandenen 6 Mitglieder beschlossen am 28.7.1871 in einem Aufruf, die zerstreuten Schäflein wieder zu sammeln, mit dem Erfolg, daß sich sofort 27 Sänger meldeten. Die Singstunden wurden wieder regelmäßig durchgeführt. 1874 zählte der Verein 56 Mitglieder.
1875- 1884 Über diese Jahre enthalten die Aufzeichnungen keine Besonderheiten. Der Besuch des Ulmer Lichterfestes, die Teilnahme an zahlreichen Fahnenweihen, Ausflüge und Weihnachtsfeiern deckten den Bedarf an Unterhaltungen.
1885 Erstmals wurde am Himmelfahrtstag im Schloßhof gesungen. Dieser Brauch blieb bis heute in der Liedertafel erhalten.
1888 Das 50jährige Jubiläum wurde in großem Rahmen gefeiert. Vorstand war Adolf Hayl, den Chor leitete Lehrer Gauß.
1892 Ein denkwürdiges Jahr. Fahnenweihe, ein gutes Konzert und ein zweiter Preis im gehobenen Volksgesang in Reutlingen, ebenfalls mit Herrn Gauß, fanden starke Beachtung. Die folgenden Jahre waren geprägt durch verschiedene musikalische Veranstaltungen unter Mitwirkung der befreundeten Vereine.
1898 Das 60. Stiftungsfest, unter der musikalischen Leitung von Lehrer Schweikhart, gestaltete sich zu einem großen Erfolg. Ein Ungenannter ließ dem Verein eine reiche Stiftung von 2.000 Goldmark in Wertpapieren zukommen.
1899 Die Kritik bescheinigte ein wohlgelungenes Konzert im Bahnhotel unter Chorleiter Schweikhart. Kurze Zeit darauf ein herber Verlust durch den Tod des geschätzten Vorstandes Adolf Hayl, der seit 1885 den Liederkranz in vorbildlicher Weise führte; Vizevorstand Naujokat übernahm das Amt.
1900 Der guten Arbeit des Chormeisters Schweikhart war es zu verdanken, daß das am 23.4. abgehaltene Konzert zu einem vielbeachteten Erfolg führte. Trotz dem teilte auch dieses Auftreten das Schicksal vieler nachfolgender: Die Einnahmen deckten bei weitem nicht die Kosten.
Die Teilnahme am Preissingen in Schwäbisch Hall beim Sängerfest sowie die Mitwirkung beim Stiftungsfest des befreundeten Männergesangvereins Ludwigsburg waren weitere Ereignisse in diesem Jahr.
1901-1908 Außer Vereinsfeiern u. ä. nichts Erwähnenswertes.
1909
Liederkranz + Sängerbund = Liedertafel
Schon früher und dann verstärkt im Jahre 1908 bemühten sich verständige Mitglieder des Liederkranzes und des Sängerbundes um eine Verschmelzung der beiden Vereine. Nachdem am 21.11.1908 eine Einigung über den Zusammenschluß der beiden Vereine erzielt wurde, kam es in der Generalversammlung vom 30.1.1909 zum Beschluß. Man einigte sich auf den Namen Liedertafel. Aus der Wahl ging als 1. Vorsitzender Herr Jaißle hervor. Lehrer Gauß blieb mit überwältigender Mehrheit musikalischer Leiter. Die neue Liedertafel zählte 279 Mitglieder.
Die alte Weisheit, daß ein neu aufgepfropfter Baum eine gewisse Zeit braucht, gute Früchte zu tragen, wurde wieder einmal bestätigt. Und so blieben der neu gebildeten Liedertafel durch den Zusammenschluß mancherlei Kümmernisse nicht erspart. Verärgerte Liederkränzler zogen sich zurück. Im Oktober war es dann Chormeister Gauß leid, das Amt des Dirigenten weiter auszuüben. Er legte den Taktstock in die Hände seines Kollegen Rektor Ansel.
1910-1918
Guter Start und dann der I. Weltkrieg
1910-1911 Die Beschattung einer neuen Vereinsfahne und eines Flügels standen an: Spenden und Sammlungen hatten beides ermöglicht. 1911 erfolgte die Fahnenweihe in großem Rahmen. 42 befreundete Vereine waren der Einladung gefolgt. Ein imposanter Festzug bewegte sich bei strahlendem Himmel durch die geschmückten Straßen der Stadt. Vorstand Jaißle konnte eine vorzügliche Bilanz nach dem Fest vorweisen. 263 Mitglieder, darunter 99 Sänger, und 438,40 Mark Vermögen bildeten Ende 1911 den Bestand der Liedertafel.
1912 Mit 25 Sängern besuchte Chorleiter Ansel das Deutsche Sängerfest in Nürnberg.
1913 Lebhaft bewegt war dieses Jahr. Ein Teil der Vorstandschaft trat zurück, ebenso Chorleiter Ansel. Gemeinderat Hemminger nahm das Ruder des Vereinsschiffes fest in die Hand. Reallehrer Bezler, Stuttgart, übernahm die musikalische Leitung.
1914 Das vorgesehene Programm konnte durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges zum größten Teil nicht durchgeführt werden. Schon im September waren 35 Sänger zum Wehrdienst einberufen worden. Das Soldatenheim, bisher Gesangslokal, wurde Reservelazarett.
Unter Zusammenfassung der sich noch daheim befindlichen Sänger des Männergesangvereins, der Liedertafel und der Harmonie wurden unter der Leitung von Reallehrer Sauter Wohltätigkeitskonzerte abgehalten und in den Lazaretten und im Krankenhaus für
Kranke und Verwundete gesungen. Nach dem tragischen Tode Sauters sprang wieder einmal Lehrer Gauß ein bis zur Silvesterfeier 1918.
1917 Ende dieses Jahres standen 72 Sänger und bis Kriegsende 85 Mitglieder der Liedertafel im Feld. Vorstand Hemminger, Schriftführer Ölschig und Kassier Leidig führten den Verein über diese schwere Zeit.
Von den Kriegsteilnehmern kehrten nicht mehr zurück: Eugen Braster, Wilhelm Enk (vorzüglicher Tenor und Vizedirigent), August Diehm, Ernst Schweizer, Christian Lang, Eugen Dignus, Fritz Kübler, Karl Berner und Willy Engwer.
1918 In einer Vierteljahresversammlung am Sonntag, 8.12. war die Liedertafel erstmals wieder im Lokal „Kaufmann" (Schillerhof) beisammen.
1919 - 1925
unruhige Zeiten
1919-1921 Die Nachkriegszeit ging auch an der Liedertafel nicht spurlos vorüber. In dieser unruhigen Zeit führte Vorstand Hemminger mit seinen bewährten Kräften den Verein. Chorleiter Segebrecht bis 1920, dann Musikdirektor König waren die musikalischen Leiter.
1922 Vorstand Hemminger trat zurück. Seine langjährige erfolgreiche Vereinsführung wurde mit der Ernennung zum Ehrenvorstand belohnt. An seine Stelle trat der seit 1920 amtierende Kassier Hans Schlumpberger.
1923 Nach Chorleiter Königs Rücktritt im Juli war in Hauptlehrer Fischer ein tüchtiger Dirigent gewonnen worden.
1924 Beim 2. Gauliederfest des Schillergaues am 20.7. in Ludwigsburg erzielte Chorleiter Fischer mit 70 Sängern in der Abteilung Kunstgesang einen beachtlichen Erfolg. 12 Sänger, darunter als Gast der frühere Chorleiter Gauß nahmen am Deutschen Sängerbundesfest in Hannover teil.
1925 Möglichst mit einem 1. Preis wollte man vom Esslinger Sängerfest am 5.1. heimkehren. Die frühzeitige Einstudierung des Chorwerks "Fahlmann" von W. Sturm, sowie eine letzte tadellos gelungene Probe schienen Garant für das Vorhaben zu sein. Kurz nach dem Betreten des Podiums brach ein heftiger Gewittersturm los der das Dach der Sängerhalle beschädigte. Das Wettsingen mußte in das nahe Exerzierhaus verlegt werden. Die allgemeine Unruhe ließ einen störungsfreien Ablauf nicht mehr zu. Dies übertrug sich auch auf die Sänger. Statt des erhofften Preises mußte sich die Liedertafel mit einem zweiten begnügen.
Der Abschluß des Esslinger Festes brachte wiederum einen Chorleiterwechsel. Eine glückliche Hand führte uns Lehrer Hermann Hirth, Zuffenhausen, zu, an den sich die Sänger in kürzester Zeit eng anschlossen. Die Sängerzahl wuchs zusehends; das Vereinslokal wurde von der Kaiserhalle in das Bahnhotel verlegt.
1926 - 1930
Teilnahme an vielen Singfesten
1926 Neben dem schon traditionellen Frühgesang im Schloßhof am Himmelfahrtstag, einem Familienabend im Bahnhotel, dem Besuch verschiedener Feiern bei befreundeten Vereinen, beteiligte man sich am Gausängertag in Murr, wo man mit der Chorvereinigung Zuffenhausen, die ebenfalls von Hirth dirigiert wurde, gemeinsam den schwierigen Chor "Nachtgedanken" von Strässer vortrug und dafür viel Beifall erhielt.
Großen Erfolg erzielte die Liedertafel mit dem Konzert am 30.10., bei dem die Chorvereinigung, das Waldhornquartett und Opernsänger Conzelmann vom Landestheater mitwirkten.
1927 Das Gausängerfest in Markgröningen brachte einen weiteren Erfolg für Chorleiter Hirth und die Sänger. Ihr Chor "Heimat"von Wiesner wurde sehr gut bewertet. Zwei weitere Herbst-Konzerte in Ludwigsburg und Zuffenhausen mit der Chorvereinigung wurden gut beurteilt. Jeweils rund 200 Sänger hatten mitgewirkt.
1928 Bedeutendstes Ereignis dieses Jahres war das 10. Deutsche Sängerbundesfest in Wien. 38 Sänger der Liedertafel hatten sich entschlossen, mit einem Omnibus der Ludwigsburger Verkehrslinien die 700 km weite Hin- und Rückfahrt zu unternehmen. Trotz unglaublicher Berg- und Talfahrten in beängstigenden Kurven, teils freiwilligen, teils unfreiwilligen Aufenthalten infolge Reifendefekts, kam man heil in Wien an. Die Tage in Wien - über 100.000 Teilnehmer hatten sich eingefunden - wurden zu einem unvergeßlichen Erlebnis.
Im Herbst gab die Liedertafel unter Chorleiter Hirth ein Konzert zum 100. Todestag Franz Schuberts. Als Solisten wirkten Frau Elisa Keller und Pianist Erwin Kübler mit. Mit der Weihnachsfeier wurde zugleich das 90. Stiftungsfest verbunden. Vorstand Schlumpberger gab im Laufe des Abends einen Abriß der Vereinsgeschichte.
1929 Das Jahreskonzert fand bereits im Frühjahr statt. Ein besonderer musikalischer Genuß war die Mitwirkung von Violinkünstler Prof. Wendling, Stuttgart, und des Pianisten Erwin Kübler.
Beim Schwäb. Sängerfest in Ulm nahm die Liedertafel ohne gesangliche Darbietung teil. Anders beim Gauliederfest des Schillergaus in Lauffen. Dort wurde der Chor "Bergstrom" von Köllner vorgetragen.
1930 Das Frühjahrskonzert, bei dem die hiesige Konzertsängerin Frau H. Cohn Cantz als Solistin mitwirkte, fand großen Anklang. Der Höhepunkt dieses Jahres war die Teilnahme am 4. Gauliederfest in Zuffenhausen. Mit 120 Sängern erreichte der Männerchor unter Chorleiter Hirths vorzüglicher Direktion mit dem Vortrag des Chores, "Deutscher Glaube" von Franziskus Nagler einen ersten Preis im Kunstgesang.
Leider kamen wieder trübe Zeiten. Die Zahl der Erwerbslosen, die vom Vereinsbeitrag befreit waren, stieg von Tag zu Tag. Rasch verringerte sich der Bestand an Barmitteln an aktiven und passiven Mitgliedern.
Ende des Jahres sang der Männerchor bei einem Wohltätigkeits-Konzert, ebenso zu Weihnachten auf dem Marktplatz mit dem Singchor des Männerturnvereins.
1931 - 1937
Frauenchor wird ins Leben gerufen
1931 Infolge allgemeiner Geldknappheit und des Rückgangs der Sängerzahl konnten außer dem Frühjahrskonzert, Frühgesang und Stiftungsfest keine größeren Veranstaltungen abgehalten werden.
1932 Teilnahme beim Gautag in Stammheim mit der Chorvereinigung Zuffenhausen. Das Deutsche Sängerfest vom 22.-24.7. in Frankfurt besuchten 36 Sänger und 4 Frauen. Nach dem Rücktritt des langjährigen Kassiers Hermann Bauer übernahm dieses Amt Eugen Gölz.
1933 Der Jahresbericht vermerkt: Allgemeine Geldknappheit und politische Hochspannung dämpften das Interesse an musikalischen Darbietungen. Das Singen im Rundfunk am 28.1. wie auch das Jahreskonzert bekamen eine sehr gute Kritik.
Im Sommer traf die Liedertafel ein schmerzlicher Verlust durch die Versetzung des hochverehrten Chorleiters Hirth nach Böblingen. Die Sänger bereiteten dem verdienten Chorleiter einen bewegten Abschied. Hermann Hirth wurde zum Ehrenchorleiter ernannt.
Im Herbst wurde Anselm Kunzmann, ein Pianist von hohem Ansehen, Lehrer am Konservatorium für Musik in Stuttgart und 2. Chorleiter des Liederkranzes Stuttgart, zum neuen Chorleiter bestellt. Schon bald stellte sich heraus, daß die Liedertafel mit dieser Verpflichtung einen sehr guten Griff getan hatte.
1934 Wegen des Chorleiterwechsels wurde das Konzert auf den Herbst verlegt. Beim Schwäbschen Sängerfest wurde auf die Teilnahme am Wertungssingen verzichtet, weil Herr Kunzmann dort mit seinem Stuttgarter Verein auftrat.
1935 Das 96. Stiftungsfest wurde im Januar abgehalten. Bei dieser Feier wurde ein Ouerschnitt der bisherigen geleisteten Arbeit geboten.
Beim 5. Kreisliederfest in Kornwestheim im Sommer sang der Männerchor unter der Leitung von Anselm Kunzmann den Chor "Wehmut" von Schubert. Diese Darbietung wurde mit "sehr gut" bewertet.
1936 Im Mittelpunkt standen die gemeinsamen Konzerte mit der Liedertafel Stuttgart in Ludwigsburg und Stuttgart, die den hohen Stand der Ausbildung, den Unternehmungsgeist und die ernste Arbeit in den beiden Vereinen zeigten. In der Deutschen Sängerbundeszeitung wurde das Programm als vorbildlich bezeichnet, nicht nur hinsichtlich seines Inhalts, sondern auch der Tatsache, daß man bei der Zusammenarbeit mehrerer Vereine Kulturarbeit schaffen kann.
Im Juli mußte die Liedertafel von ihrem Ehrenmitglied und treuen Freund Oberlehrer i. R. Karl Gauß Abschied nehmen. Seine Energie und Tatkraft, sein gesunder, unverwüstlicher Humor haben ihm einen ehrenvollen Platz in der Geschichte der Liedertafel gesichert.
Beim 98. Stiftungsfest im November wirkte der Stuttgarter Tenor →Alfred Pfeifle mit. Der allgemein einsetzende Rückgang des Mitgliederbestandes machte sich vornehmlich in der Bilanz bemerkbar. Es war daher ein Wagnis, nun auch noch einen Frauenchor ins Leben zu rufen. Zunächst als Versuch wurden sangesfreudige Damen eingeladen. Schon am Stiftungsfest erfreute eine Zahl gut geschulter Frauen die erwartungsvolle Zuhörerschaft mit einfachen Liedern.
1937 Zu einem Schubertabend am 6.3. konnte die bekannte Violin-Virtuosin Frau Prof. Catharina Bosch-Möckel gewonnen werden. Der Männerchor brachte den 23. Psalm, die 8-stimmige Hymne sowie die Chöre "Wehmut", "Grab und Mond", "Das Dörfchen" und "Nachtgesang im Walde" zum Vortrag.
Ein Ereignis von besonderer Bedeutung war die Teilnahme am Deutschen Sängerbundesfest in Breslau mit 22 Mitgliedern der Liedertafel. Eine Kundgebung mit über 500.000 Teilnehmern, ein Festzug mit 110.000 Sängern, darunter 30.000 Auslandsdeutschen, wurde für alle Teilnehmer zeitlebends ein unvergessenes Erlebnis.
Am Sonntag, 19. Dezember, sang der Männerchor mit Erfolg und Anerkennung im Süddeutschen Rundfunk Chorwerke von Schubert, Bruckner, Hegar u. a.
Das Stiftungsfest beschloß würdig das 99. Vereinsjahr.
Jubiläumsjahr 1938
Große Jubiläumsfeier 100 Jahre Liedertafel
1938 Im Jubiläumsjahr krönte die Liedertafel ihr hundertjähriges Wirken durch eine Leistung besonderer Art. Anläßlich des 34. Schwäb. Liederfestes Vom 8.-11. Juli in Stuttgart veranstaltete sie zusammen mit der Stuttgarter Liedtafel ein Sonderkonzert. Unter A. Kunzmanns mustergültiger Stabführung und unter Mitwirkung des Orchesters des Württ. Staatstheaters wurden die Vortrage mit rauschendem Beifall belohnt. Von der Kritik wurden besonders der ausgeglichene Chorklang, die packende Gestaltung und die mühelose Bewältigung hohen Schwierigkeitsgrade hervorgehoben.
Die Jubiläumsfeier wurde am Samstag, 8. Oktober, im Bahnhotel mit einem großen Konzert eröffnet.
Mitwirkende:
- Helene Scheel, Sopran, Stuttgart
- Das Stuttgarter Streichquartett: Roman Schimmer
- Otto Hohn, Georg Schmid, Walter Reichardt
- Anselm Kunzmann und Erich Zimmermann, Klavier
- Der Männer- und Frauenchor der Liedertafel
- Leitung: Anselm Kunzmann
Im ersten Teil wurde der Ludwigsburger Dichtersöhne Eduard Mörike und Justinus Kerner mit Chorwerken von Robert Schumann, Hugo Wolf, Richard Stöhr und Friedrich Hegar gedacht.
Der zweite Teil war eine Huldigung an den Schöpfer der ersten Liedertafel: Karl Friedrich Zelter (Berlin 1809). Am Sonntagmorgen wurde auf dem Ehrenfriedhof der Toten gedacht. Mit einem zweiten Konzert am Sonntagnachmittag klangen die Jubiläumsfeierlichkeiten aus. Es wirkten mit:
- Kammersänger Max Roth, Bariton, Staatstheater Stuttgart
- Anselm Kunzmann und Erich Zimmermann, Klavier
- Das Landesorchester Gau Württemberg-Hohenzollern
- Der Männer- und Frauenchor der Liedertafel
- Leitung: Anselm Kunzmann
Auf dem Programm standen Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven, Franz Schubert, Wilhelm Berger, Carl Maria von Weber, Richard Wetz und Richard Wagner. Die Jubiläumskonzerte wurden für die Mitwirkenden und die Zuhörer zu einem unvergeßlichen Erlebnis.
Im Jubiläumsjahr gehörten folgende verdiente Männer der Vorstandschaft an:
- 1. Vorsitzender: Hans Schlumpberger seit 1922
- 2. Vorsitzender: Gustav Huber seit 1932
- Schriftführer: Franz Weber seit 1926
- Kassier: Eugen Gölz seit 1932
1939 - 1945
Vereinsleben in Kriegszeiten
Den nachstehenden Aufzeichnungen liegen Protokolle und Presseberichte zugrunde.
1939 Die Schatten des bevorstehenden Krieges legten sich auch auf das gesamte Vereinsleben. Viele Sänger wurden zum Wehrdienst einberufen, so daß die Singstunden zunächst eingestellt werden mußten. Chorleiter Kunzmann suchte aus der Not eine Tugend zu machen, indem er der Geselligkeit mehr Raum gab in dem Bestreben, gemeinsam mit der Vereinsführung die Liedertafel zusammenzuhalten.
1940 Auch in diesem Kriegsjahr konnte der Singstundenbetrieb voll aufrechterhalten bleiben. Beachtung fand ein im Sommer veranstaltetes Konzert im Ratskellersaal.
1941 Im Februar fanden sich die Ludwigsburger Gesangvereine Harmonie, der Männergesangverein und die Liedertafel zu einer Schubertfeier im Bahnhotel ein. Nachdem weitere Sänger sowie auch Chorleiter Kunzmann zur Wehrmacht einberufen wurden, fanden nur noch unregelmäßig Chorproben statt. Ende September nahm Herr Rogg als neuer Chorleiter die musikalischen Geschicke des Vereins in die Hand.
1942 Bereits nach kurzer Zeit war Herr Rogg dank seiner fachkundigen Leitung und seines großen menschlichen Einfühlungsvermögens bei Sängerinnen und Sängern gleichermaßen beliebt. Die Singstunden wurden wieder regelmäßig abgehalten und waren gut besucht. Sein Können stellte er bei dem ersten Konzert am 8. Februar im Festsaal der Firma Hüller unter Beweis. Die Chronik vermerkt den Verkauf von 790 (!) Eintrittskarten à 1 RM.
1943 Die Kriegsverhältnisse erlaubten keine regelmäßigen Chorproben. An ein Jahresprogramm war deshalb nicht zu denken.
1944 Wieder einmal stand die Vereinsführung vor der Frage des künftigen Chorleiters, da Herr Rogg zur Wehrmacht eingezogen wurde. Vorstand Schlumpberger nannte Herrn Arnold als Nachfolger. Ab Februar übernahm dieser mit viel Begeisterung und Engagement die musikalische Leitung. Die immer häufiger erfolgenden Luftangriffe führten ab Frühsommer zur Einstellung der Chorproben.
1945 Anfang Mai war der Krieg zu Ende. Deutschland wurde in 4 Besatzungszonen aufgeteilt. Jede noch so kleine Betätigung in einem Verein war unmöglich, da jeder einzelne für sich und seine Familie um die Erhaltung der Existenz sorgen mußte. Zudem wurde auf bisher unbestimmte Zeit jede Tätigkeit in einem Verein untersagt. Alle Organisationen, Vereine und Verbände wurden aufgelöst und deren Besitz beschlagnahmt.